Die Neue
>>Mom?<< fragte ich mit weicher Stimme, >>Ja?<< antwortete sie, >>Was ist das für ein Brief?<< fragte ich und warf ihr einen dicken Umschlag auf die Beine, sie schrak hoch und machte den Fernseher aus. Sie schaute mich nur an und ihre Augen wurden nass, >>Was ist das?<< wiederholte ich mich, >>Eine Anmeldung<< antwortete sie, >>Für was?<< fragte ich, >>Für eine neue Schule auf Irland<< sagte sie, >>Irland? Dort wohnt Dad<< stellte ich fest, sie nickte nur zustimmend. Mein Dad hatte uns damals verlassen, als ich ein Monat alt war, er fand, er war noch zu Jung, um ein Kind zu ernähren und sich um eines zu kümmern. Das Verhältnis zu ihm, war aber trotzdem sehr gut, im Sommer fuhr ich fünf Wochen immer zu ihm, und machte dort Ferien. Bis ich dreizehn wurde, war es ja auch schön, doch aber ab dann wollte ich nicht mehr und ich hatte ihm gesagt, das ich die fünf Wochen lieber gerne in London verbringen will. Ich konnte mich nicht darüber beschweren das meine Eltern sich geschieden haben, und das ein Jahr nach ihrer Hochzeit. >>Wie kannst du nur so etwas tun?<< sagte ich mit weinerlichen und zerbrechlichen Stimme, >>Es tut mir Leid, ich hätte es dir schon vorher sagen sollen, bevor ich dich angemeldet hatte<< sagte sie, >>Du hast mich schon angemeldet?<< fragte ich, >>Ja!Schon vor einem Monat. Der Brief ist alt, das ist nur eine Bestätigung, das du wirklich einen Platz da hast<< sagte sie mit Reue in ihrer Stimme. Ich wusste nicht, was ich von meiner Mom halten soll, ob ich wütend sein soll oder ob ich traurig sein soll, für Mom war es schon immer schwer, Geld für uns beide zum Überleben zu haben, sie musste ihre Ausbildung zur Lehrerin abbrechen, weil sie schwanger wurde, mit mir, und sie konnte die Ausbildung nicht wiederholen. Mit böser und abstoßender Miene schaute ich sie nur an und ging aus dem kleinen, gelben Wohnzimmer. In dem kleinen Zimmer standen eine Couch, ein kleiner Tisch und ein paar Regale. In meinem Zimmer legte ich mich auf mein Bett und schaute an die Decke, unten ging die Tür auf und ein >>Hallo<< von Luke, dem neuen Verlobten von meiner Mom. Ich fing zu weinen, der Regen der um unser Haus peitschte, meine schluchzend übertönte den Regen schon. >>Isabelle<<, das war die zierliche Stimme meiner Mom, >>Was?<< fragte ich sauer und wischte mir die Tränen weg, >>Es tut mir leid. Ich hätte es dir sagen sollen, doch wir wollten sicher sein, das es klappt<< sagte sie und setzte sich zu mir auf mein Bett, >>Es wäre besser, wenn ihr mir das gesagt hättet. Ich weis schon längst, das ihr mich nicht mehr wollt, weil du Schwanger bist<< murmelte ich, >>Wo her..<< >>Wo her ich das weis? Lass deine Tochter niemals den Müll raus bringen<< sagte ich leise. Mom schaute mich entsetzt an, ich setzte mich auf und schüttelte mir den Kopf, >>Es ist wirklich besser wenn ich gehe!<< stellte ich fest. Mit Tränen in den Augen, schaute sie an, ihre braunen, kurzen Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden, ihr Gesicht war leicht zusammen gefallen und sie war ein bisschen abgemagert, sie war in letzter Zeit ziemlich gestresst, ihre weiße Bluse spannte sich ein bisschen über ihren Bauch und ihr Rock saß auch schonmal lockerer. Sie stand auf und ging aus meinem Zimmer, ich schaute ihr nur stumm hinterher. Unter meinem Bett holte ich meine Tasche und ging damit zu meinem alten Eichenschrank, aus meinem Schrank packte ich alle Klamotten in meine Tasche, „Wie kann ich jetzt nur Aufgeben? Wieso lass ich nach?“ sagte mir mein inneres, doch ich versuchte es zu überhören, ich wollte es nicht mehr hören. In meinem Zimmer wurde es dunkler, ich erschrak mich, doch draußen zogen sich nur die Wolken weiter zu einer schwarzen, dicken Decke zusammen. Es klopfte an der Tür, >>Nein, du darfst nicht rein kommen<< sagte ich, stand auf und schloss meine Tür ab, >>Bitte mach die Tür auf<< sagte ein vertraute sanfte Stimme, es war Luke, >>Nein<< sagte ich mit harter Stimme und packte meine Sachen weiter ein. Ich machte den Reißverschluss meiner Tasche ging nicht grade leicht zu, hatte halt zu viele Sachen. Es klopfte immer noch an der Tür, Luke versucht anscheinend immer noch, mit mir zu reden, ich nahm meine Tasche und hängte sie mir über die Schulter und ging zur Tür, ich machte sie auf und drängelte mich an Luke vorbei. Seine braunen kurzen Haare waren nass vom Regen, seine Klamotten waren auch durchgeweicht, durch sein weißes Hemd konnte man seine Brust sehen. Im Badezimmer, was guter Weise neben meinem Zimmer und dem von meiner Mom und Luke war, packte ich meine ganzen Sachen ein, die mir gehörten, >>Belle, wir hätten es dir heute Abend gesagt<< sagte er, >>Achja, wir wärs, wenn ihr mir das schon vor zwei Wochen gesagt hätte<< murmelte ich und ging wieder in mein Zimmer, Luke ging mir hinterher. Luke hatte es gehört, >>Ja, wir hätten es dir auch vor zwei Wochen sagen können, aber da stand noch nicht fest, ob Billy dich nimmt, er hat uns das erst gestern gesagt<< erklärte er, >>Dann hättet ihr mir aber wenigstens sagen können, das ihr mich nicht mehr haben wollt<< sagte ich und setzte mich auf mein Bett, >>Wer hat gesagt, das wir dich nicht wollen?<< fragte er verdutzt, >>Das ist ja wohl klar. In unserem Haus ist kein Platz mehr, für eine vierte Person, also musste einer gehen, das bin jetzt ich, und das Baby bekommt mein Zimmer<< antwortete ich, das war meine Theorie, wie ich es dachte, >> Nein, aber wir dachten, das du weg willst, wenn das Baby da ist<< sagte er, >>Dann habt ihr falsch gedacht<< zickte ich und dreht mich, mit dem Stuhl, so rum, das er die Lehne nur sah. Es wurde still und ich hörte wie Luke die Treppe runter ging, ich war sauer auf beide, aber auch ein bisschen glücklich, da ich ja jetzt zu meinem Dad zog, den ich nur einmal im Jahr, und das fünf Wochen, sah, war es die beste Gelegenheit, ein gutes Verhältnis aufzubauen. In Irland regnete es viel, aber nicht immer, Isle of Wight war dagegen schon ein Sonnenparadies. Mein Dad war dort ein sehr angesehener Mann, er leitete dort die Polizeiwache, jeder mochte ihn und er mochte jeden. In Sligo kannte jeder jeden, ich hatte da zwar auch zwei Freunde, aber die würden sich wahrscheinlich nichts mehr zu tun haben wollen, da ich mich nie bei ihnen gemeldet habe. Mein Magen zog sich zusammen, als ich daran dachte, das ich mich nicht mehr seit vier Jahre gemeldet hatte, weil mein Dad und ich immer nach London fahren und ich nicht mehr dahin kam. Meine braunen, langen, gelockten Haaren fielen mir nach vorne über die Schulter, mit meiner linken Hand fuhr ich durch das Haar. >>Sie will jetzt doch nach Sligo<< sagte Luke zu meiner Mom, >>Naja, dann werden wir sie nicht aufhalten, dann lassen wir sie jetzt<< sagte Mom, >>Sie hat ihre Sachen schon gepackt<< erzählte Luke, >>Dann geben wir ihr morgen die Flugtickets und dann kann sie nach Irland<< sagte Mom, sie hatte einen traurigen Unterton in der Stimme, jetzt wollte sie nicht das ich gehe, aber jetzt will ich es und sie bereut das, was sie ausgemacht haben. Ich schaute an die Wand, zwischen den beiden Fenstern, auf das Kreuz was ich zur Konfirmation bekommen habe, mein Pastor hatte gesagt: „Egal was auch passiert, egal wo du wohnst, Gott hat immer ein Auge auf dich, und ein gutes Wort, Jesus dagegen hält seine Schützende Hand über dich, damit dir nichts böses passiert.“
Dieser Satz habe ich mir immer gerne auf den Arm geschrieben, es sollte mich daran erinnern, wieso ich überhaupt an die beiden glaubte. Der Glauben gab mir in jeder Situation Kraft, nur nicht in der, in der ich sie überhaupt am meisten brauche, da kam ich mir schutzlos und allein gelassen vor und mein Herz fühlte sich auch an, als würde es jede Sekunde stehen bleiben.
Auf meinem Schreibtisch lag mein Heiligenarmband, ich hatte es in meiner Konfazeit von meinem Ex-Freund Rob bekommen, aber nach drei Wochen war auch wieder Schluss, da er mich betrogen hatte, aber was sollte man auch damals mit einer vierzehn Jährigen, die nichts hatte und nicht sexy war, wenn man eine sechzehn Jährige haben kann, die sexy Kurven hatte. Rob hatte mich sowieso nur verarscht, aber was soll man auch von einem siebzehn Jährigen anders erwarten?
Zwischen Rob und mir war jetzt nur noch Freundschaft, die ich einerseits sehr merkwürdig fand, weil ich nicht wusste, wieso er mit mir befreundet war, da er mich verlassen hatte, weil er mich unattraktiv fand und jetzt fand er mich plötzlich total sexy. Ich konnte es nicht verstehen, ich hatte lange braune Haare, war zwar groß aber nicht wirklich schlank, ich hatte keinen großen Busen, geschweige denn tolle Hüften, also konnte ich es nicht verstehen, ich sag genau so aus, wie vor drei Jahren, nur das ich jetzt ein größeren Busen hatte, als vorher. Aber sexy war ich jetzt nun wirklich nicht? Ich wurde von einigen aus meinem Jahrgang sogar als hässlich und dick beschimpft, aber die Mädchen aus meinem Jahrgang waren nun wirklich sehr magersüchtig, es gab schon zwei Mädchen die deswegen auf Therapie mussten und extra fettige Sachen essen mussten, die Jungs hatten also eine kleine Geschmacksverirrung. Aus den höheren Klassen, sagen selbst schon dass das sie hässlich aussehen, wie Bohnenstangen sagen die meisten. Ich schaute aus dem Fenster, und versucht zu vergessen, das das jetzt meine letzte Nacht hier sein wird und ich dann in Sligo wohne. Mein Magen zog sich zusammen und meine Hände fingen an zu zittern, es war eine normale Reaktion von mir.